Dossier – Warum die Kirche keine Homopaare segnet

weitere Beiträge hierzu – sehe download

Aufweichung der kirchlichen Sexualmoral?
Kirche und Homosexualität

Ein Projekt der „Stadtkirche Frankfurt“ zur Seelsorge Homosexueller tritt offen für kirchliche Segnungen homosexueller Paare ein. Nicht wenige Katholiken sind besorgt, dass damit die Lehre der Kirche zu Gunsten des permissiven Zeitgeistes gezielt unterwandert werden soll. Was aber sagt die Lehre zu dieser Angelegenheit?

Weil es für uns Laien seit Jahrzehnten keine fundierten Katechesen gibt, die beispielsweise die sittlichen Fragen unserer Zeit mit Lehrautorität beantworten, hat die Laieninitiative Una Sancta Catholica – LAIEN FÜR KONZIL UND LEHRAMT ein Dossier maßgeblicher Aussagen der Kirche zur Homosexualität zusammengestellt. Es soll der Orientierung ihrer Mitglieder und interessierter Katholiken dienen.

          

D O S S I E R
Warum die Kirche keine Homopaare segnet

1.  Was Bibel und Katechismus zu Homosexualität sagen
1.1    Biblische Grundlagen
1.2    Katechismus der Katholischen Kirche

2.  Die sittliche Beurteilung der Homosexualität
2.1     … in der Heiligen Schrift
2.2     … bei den Kirchenvätern
2.3     … in Kirche und Theologie des Mittelalters
2.4     … in Kirche und Theologie der Neuzeit
2.5     … in Kirche und Theologie der Gegenwart
2.6     Eheschließung für Homosexuelle?
2.7     Zusammenfassung und Wertung

3.  Glaubenskongregation:  Seelsorge für homosexuelle Personen
4.  Stellungnahmen im Kontext des kirchlichen Missbrauchs
4.1    Bill Donohue: Das Problem der Kirche heißt Homosexualität, nicht Pädophilie
4.2    Dr. R. Fitzgibbons: Psychiater bestätigt Zusammenhang von Homosexualität und
         Missbrauch

5.   Stimmen von Bischöfen
•    Bischof Fürst lehnt Segnungsfeiern Homosexueller… ab
•    Weihbischof Schwaderlapp, Köln: …sie erschweren die Ökumene
•    Kardinal Wuerl, USA: Keine Homo-Ehe bei Kirchenmitarbeitern  

 

Was Bibel und Katechismus zu Homosexualität sagen

1.1   Biblische Grundlage
Im AT erscheint sie als schwere Verfehlung nicht nur im Zusammenhang mit ungerechtem Zwang dazu wie in Sodom u. Gomorra (Gen 18,20 f; 19; vgl. Ri 19,22-26) od. in Form von (heidnischer) Tempelprostitution (vgl. Dtn 23,18 f; 1 Kön 14,24; 15,12; 2 Kön 23,7), sondern auch ohne diese Besonderheiten (Lev 18,22; 20,13). Paulus zählt die H. zu den entehrenden Leidenschaften, denen die Menschen in sündhafter Verblendung verfielen (Röm 1,26), und nennt die Knabenschänder unter denen, die gegen die gesunde Lehre verstoßen (1 Tim 1,10) und das Reich Gottes nicht erben (1 Kor 6,9). Der Judasbrief verweist auf Sodom und Gomorra als abschreckendes Beispiel (Jud 7). Die christliche Tradition nimmt seit den ältesten Zeiten gegen homosexuelles Tun Stellung (Barn. 10,6 f.8; 19,4; Didache 2,2). Die Kirche sieht dafür Strafen vor (Synode v. Elvira c.71; CICcc. 2357-59). [1]

1.2 Katechismus der Katholischen Kirche
2357 „Homosexuell sind Beziehungen von Männern oder Frauen, die sich in geschlechtlicher Hin-sicht ausschließlich oder vorwiegend zu Menschen gleichen Geschlechtes hingezogen fühlen. Ho-mosexualität tritt in verschiedenen Zeiten und Kulturen in sehr wechselhaften Formen auf. Ihre psychische Entstehung ist noch weitgehend ungeklärt. Gestützt auf die Heilige Schrift, die sie als schlimme Abirrung bezeichnet, hat die kirchliche Überlieferung stets erklärt, ‚dass die homosexuel-len Handlungen in sich nicht in Ordnung sind’ (CDF, Erkl. ‚Persona humana’ 8). Sie verstoßen ge-gen das natürliche Gesetz, denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlos-sen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen.“

2358 „Eine nicht geringe Anzahl von Männern und Frauen haben tief sitzende homosexuelle Ten-denzen. Diese Neigung, die objektiv ungeordnet ist, stellt für die meisten von ihnen eine Prüfung dar. Ihnen ist mit Achtung, Mitgefühl und Takt zu begegnen. Man hüte sich, sie in irgend einer Wei-se ungerecht zurückzusetzen. Auch diese Menschen sind berufen, in ihrem Leben den Willen Gottes zu erfüllen und, wenn sie Christen sind, die Schwierigkeiten, die ihnen aus ihrer Verfasstheit er-wachsen können, mit dem Kreuzesopfer des Herrn zu vereinen.“

2359 „Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit gerufen. Durch die Tugenden der Selbstbe-herrschung, die zur inneren Freiheit erziehen, können und sollen sie sich – vielleicht auch mit Hilfe einer selbstlosen Freundschaft –, durch das Gebet und die sakramentale Gnade Schritt um Schritt, aber entschieden der christlichen Vollkommenheit annähern.“ [2]

 

DIE SITTLICHE BEURTEILUNG 
DER HOMOSEXUALITÄT
Moralhistorische Anmerkungen zum christlichen Standpunkt
Prof. Dr. theol. habil. Josef Spindelböck [3]

2.1 Die sittliche Beurteilung der Homosexualität in der Heiligen Schrift
Im Folgenden soll keine exegetische Spezialuntersuchung geboten werden, wohl aber ein auf bibelwissenschaftlichen Erkenntnissen fußender Überblick über die Stellungnahme der Bi-bel des Alten und Neuen Testaments zur Homosexualität. Darauf baut die folgende Tradition der Kirche auf; die Schrift als Wort Gottes ist bleibend normativ für die Kirche und ihr Lehramt.

Altes Testament

Die hebräische Bibel (AT) bietet eine Sicht, die sich von der Umwelt Israels und den antiken Völkern völlig unterscheidet: Volles Menschsein bedeutet Zuordnung und Gemeinschaft mit dem anderen Geschlecht.

Gott schuf den Menschen als Mann und Frau (Gen 1,27), die einander ergänzen und die im Bund der Liebe „ein Fleisch“ werden sollen. „Das biblische Menschenbild ist somit heterotrop. Homosexuelle Vergehen werden verurteilt (Lev 18,22; 20,13; Röm 1,24-32; 1 Kor 6,9-10; 1 Tim 1,8-11). Sie entsprechen nicht der Schöpfungsordnung.“ (Gründel, Homosexualität, 3.)

… Eine wichtige Stelle ist hier Weish 14,26 f, wo es über die heidnische Welt heißt: „Es herrscht Umkehrung der Werte, undankbare Vergeßlichkeit, Befleckung der Seelen, widernatürliche Unzucht, Zerrüttung der Ehen, Ehebruch und Zügellosigkeit. Die Verehrung der namenlosen Götzenbilder ist aller Übel Anfang, Ursache und Höhepunkt.“ Die eigentliche Sünde ist also der Abfall von Gott, der alle anderen Übel im Gefolge nach sich zieht, so auch die Verkehrung des Verhaltens im sexuellen Bereich.

Neues Testament

Auf dieser Linie liegt auch der Völkerapostel Paulus, wenn er in Röm 1,26 f die praktizierte Homosexualität als schuldhafte Verirrung beurteilt, die eine tiefere Ursache hat: „Der schlimme Zustand der Heidenwelt ist Folge ihres Götzendienstes. Weil sie die doxa Gottes mit Götzenbildern vertauscht haben, hat dieser bewirkt, dass sie nun bei sich selber Richtung und Ziel im Sexuellen vertauschen.“ Es wird beide Male das selbe Verbum „vertauschen“ (allásso) gebraucht. Paulus geht es nicht um psychologische Erklärung, wohl aber um Deutung der theologischen Zusammenhänge… Von Paulus werden alle nicht zwischen Mann und Frau vollzogenen Geschlechtsakte als „para physin“ (an der Natur vorbei) abgelehnt…

Wenn heute manche meinen, Paulus habe Homosexualität „nur als frei gewählte Form der Lustbefriedigung, also als Perversion und Sünde“ abgelehnt, aber nicht jede Form ihrer Aktualisierung, so nimmt diese Interpretation den Paulustext in seiner Aussageabsicht nicht ernst und gelangt dadurch zu einer mit dem heutigen Zeitgeist leichter zu vereinbarenden Sicht, welche nicht mehr heilsame Provokation bedeutet, sondern nachträgliche Bestätigung dessen, was sich menschlicher Autonomismus auch im sexuellen Bereich gegenüber dem Gottes Gebot herausnimmt. Demgegenüber fasst Korff zusammen, dass für Paulus homosexuelles Verhalten „geradezu zum Symbol einer von Gott abgewandten, in sich verkehrten Welt“ geworden sei.“ [4]

Jesus Christus

nimmt nicht ausdrücklich Stellung zur Homosexualität. In diesem Zusammenhang ist seine klare und positive Bewertung der Ehe und der darin vollzogenen sexuellen Hingabe von Bedeutung (vgl. Mt 19,3-12). Dies schließt die Anerkennung der gottgewollten Polarität von Mann und Frau ein, zu der eine homosexuelle Haltung und Praxis in Widerspruch stellt. Indem Jesus die Ehe auf das Geheimnis des Anfangs – den Schöpfungsplan Gottes – zurückführt, zeigt er einschlussweise auch, dass alles, was im Widerspruch zur rechten Sicht der Ehe und ihren aus der gegenseitigen Liebe und Treue kommenden Vollzug steht, gegen diese Schöpfungsordnung Gottes gerichtet ist. Wer um des Himmelreiches willen wie Jesus auf die Ehe verzichtet (Jungfräulichkeit, Zölibat), anerkennt diese doch als hohen Wert und verneint nicht ihre gottgewollte Ordnung sowie die darin vollzogene sexuelle Begegnung von Mann und Frau.

Die in den Lasterkatalogen 1 Kor 6,9 f und 1 Tim 1,8-10 verwendeten Termini „malakoi“ und „ar-senokoitai“ lassen sich kaum eindeutig in ihrer genauen Bedeutung bestimmen; die Interpretation in Richtung Homosexualität ist aber wahrscheinlich zutreffend.

Auf der Basis der Schrift lässt sich also eine eindeutige Ablehnung homosexuellen Verhal-tens nachweisen. Zugestanden werden kann, dass über Homosexualität als Neigung noch kaum reflektiert wurde, was aber die biblisch negative Wertung der homosexuellen Akte in ihrer Normativität für die spätere theologische Reflexion nicht aufhebt.

2.2 Die sittliche Beurteilung der Homosexualität bei den Kirchenvätern

Die sittliche Bewertung der Homosexualität verbindet in Weiterführung von Röm 1,26 f das von der Stoa entwickelte Naturrechtsparadigma mit einer schöpfungstheologischen Sicht: „Schöpfungsgemäßes Handeln bedeutet secundum naturam vivere. Homosexuelles Handeln ist ein Handeln contra naturam.“ [5]

Justin verurteilt Homosexualität als spezifisch heidnisches Laster. Bei Lactantius gilt homosexuelles Tun als besonders schwere Sünde und als Erfindung des Teufels.

Cyprian von Karthago verurteilt die homosexuelle Praxis entschieden. Er hält aber im Gegensatz zu Tertullians Rigorismus keine Sünde für unvergebbar, auch nicht die homosexuelle Abirrung.

Bisweilen findet sich bei Apologeten und Kirchenvätern auch der „Reflex zutiefst sexualitätsfeindlicher Zeitströmungen“. So ansatzweise auch bei Clemens von Alexandrien, der die Lust als legitimen Aspekt der Sexualität auszuklammern scheint und „jede Form der Geschlechtslust, die nicht ihrem einzigen Zweck, der Zeugung, diente, kategorisch“ ablehnt. Bezüglich der homosexuellen Akte urteilt er: „Deshalb ist es für uns ohne jeden Zweifel klar, dass man die Unzucht mit Männern und die unfruchtbaren Begattungen und die Päderastie und die von Natur unmöglichen Verbindungen der Androgynen vermeiden muss, gehorsam der Natur, die selbst solches durch den Bau der Glieder verbietet, indem sie dem männlichen Geschlecht die Manneskraft verliehen hat, nicht dass es den Samen in sich aufnehme, sondern dass es ihn von sich ergieße.“ [6]

Die Synode von Elvira (305) verbot die Rekonziliation von Knabenschändern selbst in der Todesstunde; dagegen wandte sich das Konzil von Nicäa (325). Die Novellen Nr. 77 und 141 des christlichen Kaisers Justinian aus den Jahren 538 bzw. 559 befassen sich mit homosexuellen Vergehen, die aufs schärfste verurteilt werden. Unter anderem heißt es: „Denn wegen solcher Vergehen entstehen Hungersnot, Erdbeben und Pest, und darum ermahnen wir sie, sich der angegebenen unerlaubten Handlungen zu enthalten, damit sie nicht ihr Seelenheil verlieren.“ Von einer solchen pauschalen Feststellung aus, die Justinian in der alttestamentlichen Sodomerzählung begründet wissen will, war es nicht weit dazu, Sündenböcke für Naturkatastrophen gerade bei praktizierenden Homosexuellen zu finden – ein Beispiel für ungerechte Diskriminierung und Verdächtigung, die Homosexuellen oft widerfahren ist.

Am umfassendsten wandte sich Johannes Chrysostomos gegen die Homosexualität bei den Heiden, aber auch unter Christen. In seinem Römerbriefkommentar meint er: „Es gibt nichts, was schlimmer wäre als dieser Frevel.“ Als Hauptgrund für die sittliche Verwerflichkeit nennt er die krasse Widernatürlichkeit der Homosexualität. Und er fragt: „Welche Höllenstrafen werden groß genug sein für solche Menschen?“ [7] Die unmittelbare Strafe liegt nach seinen Worten bereits in der Sünde selbst, in der Abkehr von der rechten Ordnung, die den Sündern in ihrer Verblendung oft gar nicht mehr bewußt ist.

Augustinus betont, „dass Männer beim Geschlechtsverkehr die Rolle des Weibes spielen, ist nicht naturgemäß, sondern widernatürlich.“ Und er tadelt jene, die im Namen der heidnischen Götter „diese Seuche, dies Verbrechen, diese Schmach“ sogar „in jenem Kult gewerbsmäßig“ betreiben. [8]

Dieser kurze Überblick zeigt: Es gab bei den Kirchenvätern und kirchlichen Schriftstellern gerade in Bezug auf die sittliche Wertung der Homosexualität zeitbedingte Elemente und leider auch echte Diskriminierungen von homosexuellen Menschen. Unbeschadet aller diesbezüglichen Trübungen und Verzerrungen hielt sich in der Kirche die von der Offenbarung vorgegebene Grundlinie durch: Homosexuelles Verhalten ist Ausdruck des Abfalls von Gott und gegen die Schöpfungsordnung gerichtet. Daher ist es in schwerer Weise ein Verstoß gegen das Gebot Gottes und für einen Christen auf jeden Fall zu meiden.

2.3    Die sittliche Beurteilung der Homosexualität in Kirche und Theologie des Mittelalters
In den mittelalterlichen Bußbüchern wurde homosexuelles Tun unter die schuldhaften sexuellen Verfehlungen gerechnet. Extreme Anschauungen – die keineswegs den kirchlichen und theologischen „mainstream“ repräsentieren – qualifizierten bereits die ungeordnete Lust als solche als sündhaft. In dieser Linie gab es keinen Raum für eine adäquate Unterscheidung von homosexueller Neigung und homosexuellem Tun.

„In den früh- und hochmittelalterlichen Bußbüchern wird die Homosexualität ohne besondere Hervorhebung im Rahmen der sonstigen Sexualdelikte mit verschiedenen Kirchenstrafen belegt. Theologen aus der Zeit des ‚Reformpapsttums’ fordern eine schärfere Strafpraxis (Petrus Damiani).“ (Hergemöller, Homosexualität, 113) Dieser Theologe hat in seinem um 1049 verfaßten „Liber Gomorrhianus“ die homosexuelle Betätigung auf schärfste verurteilt. Im Hintergrund standen konkrete Vorkommnisse auch innerhalb des Klerus, gegen die sich Petrus Damiani wenden musste. Homosexualität sah er als Bedrohung nicht nur für die Kirche, sondern auch für die Gesellschaft. Die „von Petrus geprägten Metaphern (Krebsgeschwür, Gift, Virus)“ übten großen Einfluß auf die Perhorreszierung der Gleichgeschlechtlichkeit im gesamten Mittelalter“ aus.

Im 3. Laterankonzil (1179) wurde angeordnet, als homosexuell überführte Kleriker zu degradieren sowie Laien aus der Kirchengemeinschaft auszuschließen.

Nach Thomas von Aquin zählt Homosexualität zu den widernatürlichen Unzuchtssünden („vitium contra naturam“). Er nimmt eine zweifache Einteilung der Unzuchtssünden („luxuria“) vor: Es gibt solche, die der rechten Vernunft („ratio recta“) entgegenstehen, und es gibt andere, die darüber hinaus auch noch direkt „gegen die natürliche Ordnung des sexuellen Aktes“ gerichtet sind, wie sie dem Menschen entspricht.

Zu diesem „vitium contra naturam“ zählt er dann wiederum vier Gruppen: Jemand sucht „ohne sexuelle Vereinigung um der Lust willen“ den Orgasmus (=Selbstbefriedigung); jemand bedient sich einer „Sache nicht derselben Art“ für den geschlechtlichen Vollzug (=Bestialität); jemand vollzieht den „Beischlaf mit dem nicht gebührenden Geschlecht“ (=Homosexualität); jemand beachtet „nicht die natürliche Art und Weise des Beischlafs“, entweder in Hinsicht auf ein „ungbührliches Mittel“ oder im Hinblick auf „andere scheußliche und bestialische Weisen des sexuellen Vollzugs“ (z.B. Anal- und Oralverkehr). [9]

Der Aquinate fragt nach der objektiven Schwere der Sünden gegen die Natur, zu denen die schon erwähnten vier Gruppen zählen. Seine Auffassung ist, dass diese Sünden innerhalb der Unzuchtssünden von der Sache her die schwersten sind, da der Mensch dabei das übertritt, „was gemäß der Natur bezüglich des geschlechtlichen Vollzugs festgelegt ist“ („quod est secundum naturam determinatum circa usum venereorum“). Eine Aussage über die Schwere der Schuld im Einzelfall macht er dabei nicht, da für Thomas von Aquin feststeht, dass zur subjektiven Anrechenbarkeit einer Schuld als schwer die bewusste und freiwillige Zustimmung zur Übertretung des Gebotes Gottes in einer wichtigen Sache gegeben sein müssen.

Über die generelle Entwicklung urteilt Hergemöller: In der theologischen und kirchenrechtlichen Diskussion des späten Mittelalters könne „ein Trend zur Aufwertung der ‚sodomitischen Sünde’  als schlimmste aller Unzuchtssünden, ja als die größte aller Verfehlungen überhaupt, beobachtet werden. Sodomie wird seit dem 13. Jahrhundert als Angriff auf die von Gott geschaffene Naturordnung, auf die Heiligkeit des Ehebandes und auf die Grundlagen von Staat und Gesellschaft unter Androhung der Höchststrafe verfolgt“. [10]

Im weltlichen Bereich erfolgte in (straf-)rechtlicher Hinsicht eine Kriminalisierung der Homosexualität. Als Beispiel dafür kann die Peinliche Gerichtsordnung von 1532 genannt werden, die jenen die Verbrennung androhte, die gleichgeschlechtliche Unzucht trieben (Art. 116). „Insgesamt ergibt sich der Eindruck, dass Verstümmelungs-, Ehren-, Geld- und Exilstrafen (insbesondere für Minderjährige und passive Partner) häufiger verhängt wurden als Todesurteile. In Venedig wurden z.B. im 15. Jh. ca. 70 öffentliche Hinrichtungen vollzogen (meist Feuertod bzw. Enthauptung mit anschließender Verbrennung). Die Todesstrafe für Frauen wegen analoger Delikte konnte für die Zeit des Mittelalters bislang nicht nachgewiesen werden.“ (74f)

2.4 Die sittliche Beurteilung der Homosexualität in Kirche und Theologie der Neuzeit
Ökumenisch bedeutsam ist die Einschätzung der Homosexualität und ihrer Akte bei Martin Luther. Während er in seinem Kommentar zum Römerbrief die Homosexualität als sittliche Abirrung der Menschen infolge ihres Gottesverlustes nur en passant zur Sprache bringt, da er hier die Selbstbefriedigung einbezieht, zeigt er in seinem Traktat vom ehelichen Leben die Ehe als gottgewolltes und in der Schöpfungsordnung begründetes Heilmittel gegen jede Art von sexueller Zügel-losigkeit und Perversion auf, wie sie nach seiner Auffassung auch die homosexuellen Akte dar-stellen.

Damit fällt er ein klares Urteil, das der Wertung katholischer Theologen seiner Zeit in nichts nachsteht.

Als exemplarischer Vertreter der katholischen Moral der Neuzeit soll der heilige Alfons von Liguori angeführt werden. Seine Moraltheologie ist am Evangelium orientiert, bedient sich aber auch der rechtlich-kasuistischen Kategorien seiner Zeit. Nach seiner Auffassung besteht die besondere Hässlichkeit („deformitas“) der Sodomie im Verkehr mit dem ungebührenden Geschlecht. Es bestehe ein Unterschied in der sittlichen Bewertung, je nachdem jemand dabei die aktive oder passive Rolle übernommen habe… Für Kleriker allerdings treten … Strafen ein (wie Amtsverlust etc.). Im Übrigen fällt gerade bezüglich der Behandlung des 6. Gebotes die kasuistische Sichtweise auf, die aus heutiger Sicht in manchen Bereichen skrupelhaft anmutet.

Dominicus Prümmer (+ 1931) gehört zur jüngsten Vergangenheit. Er anerkennt, dass es „sexuelle Perversion“ („perversio sexualis“) in der Weise gibt, dass jemand ein ungestümes sexuelles Verlangen in Bezug auf eine Person desselben Geschlechtes hat („appetitus sexualis valde vehemens in personam eiusdem sexus“)… 

An der grundsätzlichen Auffassung der katholischen Kirche bezüglich der sittlichen Verwerflichkeit homosexueller Akte hat sich in der Neuzeit nichts geändert, obwohl die Kirche ihren gesellschaftlichen Rückhalt vielfach verlor und darum mitunter zu einem einsamen Zeugnis der von ihr vertretenen Wahrheit in Fragen der Glaubens- und Sittenlehre aufgerufen war.

Gesellschaftlich kann der Weg der Bewertung von Homosexualität und ihrer Akte in der Neuzeit so skizziert werden: Homosexualität wurde von einem Vergehen bzw. Verbrechen zu einer privaten Sünde, dann zu einer Krankheit, schließlich zu einer tolerierten und heute zu einer als gleichwertig mit der Heterosexualität anerkannten Lebensform. Diesem Wandel hat sich die Kirche allerdings nicht in der von vielen erwarteten Weise angeschlossen, was ihr nicht selten Widerspruch einbringt.

2.5   Die sittliche Beurteilung der Homosexualität in Kirche und Theologie der Gegenwart
Nicht zuletzt aufgrund des Beitrags der Humanwissenschaften hat sich eine Unterscheidung zwischen homosexueller Ausrichtung, homosexuellem Verhalten und homosexueller Identität als hilfreich erwiesen. Hinsichtlich des verantwortlichen Umgangs von Christen mit einer homosexuellen Neigung gebe es zwei Lösungswege, meint W. Korff: Entweder den „Weg des Verzichts auf sexuelle Betätigung bei gleichzeitiger Sublimierung des geschlechtlichen Antriebslebens im Rahmen eines individuell und sozial produktiven Lebensentwurfs“ oder den „Weg der Integration der homosexuellen Orientierung und des daraus fließenden Verhaltens in eine auf Dauer ausgerichtete homosexuelle Partnerschaft“ [11]. Er meint dann, eine „undifferenzierte und grundsätzliche Verwerfung homosexuellen Verhaltens erscheint aber besonders dort problematisch, wo sich die Betroffenen nicht nur keinerlei strafrechtlicher Verfehlungen schuldig machen …, sondern umgekehrt ihre Homosexualität in eine dauerhafte, auf personale Bindung gerichtete partnerschaftliche Beziehung integrieren.“

Dieses Beispiel, das sich leicht durch viele andere ergänzen ließe, zeigt, dass selbst innerhalb der katholischen Theologie die Beurteilung von Homosexualität als ungeordnete Neigung und die sittliche Wertung homosexueller Akte als in sich schlecht, wie sie vom Lehramt der katholischen Kirche in Konsens mit Bibel und Tradition vorgenommen wird, nicht mehr auf ungeteilte Zustimmung stößt. Was ist in den letzten Jahren geschehen, was hat zu dieser Entwicklung geführt?

Zur so genannten „Entpathologisierung“ der Homosexualität

Längst wird es in einschlägigen Kreisen nicht mehr als Fortschritt für eine angemessene Beurteilung individueller Verantwortlichkeit angesehen, homosexuelle Neigung in bestimmtem Ausmaß als unfreiwillig zu beurteilen und sie in eine Reihe mit anderen Abweichungen von der rechten Norm zu stellen oder als eine Form krankhafter Prägung der Persönlichkeit zu werten. 1973 beschloss die „American Psychiatric Association“, die Homosexualität als solche zu entpathologisieren und aus dem „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“ (DSM) zu streichen.

Die Herausnahme von Homosexualität aus dem Verzeichnis krankhafter Erscheinungen verleitet zur Annahme, es handle sich dabei um eine völlig normale, der heterosexuellen Orientierung durchaus gleichwertige Form menschlicher Sexualität. Mitunter wird impliziert, die Zuschreibung einer Krankheit sei per se eine Diskriminierung der Person. In dieser Weise setzt Rauchfleisch einfach voraus, dass eine „stark pathologisierende“ Sicht der Homosexualität zugleich eine „diskriminierende“ Sicht sei. [12] Homosexuelle „Orientierung“ finde „schon im Verlauf der Kindheit und Jugend ihre definitive Ausgestaltung“. Daher sei Therapie nicht nur unmöglich, „sondern geradezu antitherapeutisch und inhuman“, da sie für die Klienten „zu einer Verleugnung und einem Vorbeileben an ihrer wahren Identität“ führe. Homosexuelle Menschen seien oft Opfer von Gewalt, in offener oder subtiler Form, auch „durch soziale Ausgrenzungen, Pathologisierungen ihrer Orientie­rung mittels medizinischer und psychologischer Theorien und nicht zuletzt auch durch offizielle kirchliche Verlautbarungen.“

Angefragt werden soll, ob die Neubewertung der Homosexualität aufgrund ideologischer Vorentscheidungen oder gemäß medizinisch-therapeutischer Kriterien erfolgt ist. Die Antwort darauf können allerdings nicht Theologie und Kirche geben. Diese Aufgabe muss der psychiatrischen Wissenschaft zugewiesen werden.

Aufwertung der Homosexualität als der Heterosexualität gleichwertige Schöpfungsvariante?

Die Stoßrichtung jener Theologen, die eine Neubewertung der Homosexualität vornehmen und dies auch von der Kirche einfordern, ist klar. Es geht um nichts Geringeres als um eine Anerkennung homosexueller Praxis als legitime Variante von Schöpfungserfahrung.

So sehen manche nur mehr ein Defizit bei homosexueller Praxis als gegeben an: die Unmöglichkeit, Leben weiterzugeben. „Den Fortfall der geschlechtlichen Ergänzung sieht man offenbar kompensiert durch die Möglichkeit personaler Partnerschaft.“ Das Verbot homosexueller Akte wird nur mehr als rein kirchliche Verbotsnorm interpretiert, deren Übertretung in der Sache nicht schwer zu gewichten wäre.[13] Ausnahmen gemäß dem Spruch des individuellen Gewissens seien legitim. Die Kirche müsse dies respektieren. Damit wird die Frage objektiver Normativität elegant umschifft.

Auf diese Weise ist eine Kehrtwendung von der biblischen, patristischen und theologischen Tradition hin zu einer dem momentanen Zeitgeist folgenden Sicht vollzogen.

2.6     Eheschließung für Homosexuelle?
Der kirchliche und kirchenrechtliche Standpunkt ist klar: „Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung sind Männer und Frauen mit entschiedener homosexueller Neigung zur heterosexuellen Ehe in der Regel unfähig (c. 1095 n. 3). Eine ‚Ehe’ zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern ist kirchenrechtlich unmöglich.“ [14]

Das genügt vielen allerdings nicht. Wenigstens für den gesellschaftlichen Bereich fordern sie eine Art von „Homosexuellen-Ehe“ als institutionelles Äquivalent der Homosexualität.

In diesem Sinn existiert auch eine Resolution des Europäischen Parlaments vom 8.2.1994 für eine gesetzliche Ermöglichung der zivilen „Eheschließung“ für homosexuelle Paare. Wenn aktuelle politische Entwicklungen in bestimmten Staaten analysiert werden, dann zeigt sich, dass zumindest die Bestrebungen stark sind, dies auch zu realisieren.

Diese Bestrebungen hat die Kongregation für die Glaubenslehre zum Anlass genommen, in einem eigenen Schreiben darauf hinzuweisen, dass eine derartige institutionelle Aufwertung homosexueller Beziehungen naturrechtlichen Prinzipien, aber auch der Offenbarung widerspricht, ja in Wahrheit eine Diskriminierung gegenüber der Ehe zwischen Mann und Frau darstellt.

Theologische Klärungen

Die homosexuelle Neigung ist nicht als der heterosexuellen Ausrichtung gleichwertig anzusehen. „So wenig es eine Diskriminierung der Person geben darf, so wenig darf man andererseits den Mangel übersehen, den die Person mit der homosexuellen Ausrichtung und Orientierung erleidet.“ [15] Vor allem die Bedeutung, die der Weitergabe des Lebens zukommt, aber auch die der leiblichen und affektiven Ergänzung von Mann und Frau sprechen gegen eine Gleichwertigkeit. Es ist sogar nach Auffassung Gründels „nicht zu erwarten, dass der Homosexualität die gleiche Wertschätzung eingeräumt wird wie der Heterosexualität; geht man von dem zeichenhaften Charakter der Leiblichkeit der sexuellen Begegnung aus, so behält eben doch die Homosexualität die Eigenart einer Anomalie.“ [16]

Jene Argumente, die sogar eine sittliche Anerkennung homosexueller Akte fordern, erweisen sich als nicht stichhaltig:

  • Homosexualität sei eine gleichwertige Variante der Natur. Man müsse daher der Natur gemäß handeln dürfen. Hier wird die faktische von der normativen Natur nicht unterschieden. „Als Norm kann vielmehr immer nur die Natur in ihrer Finalität gelten: Es ist so zu handeln, dass die in der Natur liegenden Zwecke realisiert werden.“ (Weber)
  • Der Homosexuelle dürfe sein eben so geprägtes Wesen nicht verstümmeln. Als Antwort darauf könnte auf Mk 9,43 verwiesen werden, wo Jesus Christus sehr wohl Opfer verlangt für jene, die in seine Nachfolge eintreten, was für Außenstehende sogar den Charakter scheinbarer Selbstverstümmelung haben kann.
  • Nicht jeder eheliche Akt diene dem Leben. So könnten auch homosexuelle Akte berechtigt sein. Doch ist hier festzustellen, dass die Ehe in ihrer Gesamtheit auf die Weitergabe des Lebens ausge­richtet ist, worin sich die „Fleischwerdung“ der Liebe vollendet. Jeder sexuelle Einzelakt ist vom Menschen für das Leben offen zu halten. Wenn es auch aufgrund biologischer Gründe unfruchtbare Ehen gibt, so ist doch die sexuelle Gemeinschaft von Mann und Frau an sich auf Fruchtbarkeit hingeordnet und dafür offen. Bei homosexuellen Akten fällt diese Offenheit aufgrund natürlicher Grenzen von vornherein weg. Somit sind diese sittlich nicht positiv zu werten.
  • Homosexuelle Akte seien Ausdruck der Liebe zwischen gleichgeschlechtlich empfindenden Menschen. Dem steht entgegen, dass die Sprache des Leibes keine willkürliche ist und daher die Frage zu stellen ist, ob homosexuelle Akte überhaupt zum Ausdruck personaler Liebe werden können.
  • Der Mensch mit homosexuellen Neigungen könne eben nicht anders, als sich homosexuell zu verhalten. Hier wird von Ausnahmen auf die Regel geschlossen. Doch selbst da, wo persönliche Schuld fehlt oder gemindert ist, bleibt die objektive Unrichtigkeit homosexueller Akte bestehen.
  • Man müsse Homosexuellen mit Barmherzigkeit begegnen und dürfe daher ihr Tun nicht verbieten. Doch kann es gerade ein Zeichen von Barmherzigkeit sein, Menschen auf die Unrechtmäßigkeit ihres Verhaltens hinzuweisen, auch im Bereich des Sexuellen und seiner Vollzüge!

2.7   Zusammenfassung und Wertung
Die kirchliche Wertung der Homosexualität hat sich im Wesentlichen nicht verändert. Dennoch ist eine Entwicklung festzustellen. So lässt sich das Ergebnis wie folgt zusammenfassen:

  • Unverrückbar ist das Urteil, dass Homosexualität nicht der Schöpfungsordnung entspricht und dass homosexuelles Handeln objektiv sündhaft ist. Homosexualität ist eine Anomalie und keine Variante der Schöpfung, die zwar weniger wertvoll, aber immer noch gut wäre. Diese Wertung ist das Kernstück der lehramtlichen Texte zum Thema.
  • Vor allem auch aufgrund humanwissenschaftlicher Erkenntnisse gibt es heute keinen Moraltheologen mehr, der Homosexualität schlechthin als die „Sünde aller Sünden“ werten würde. Es gibt eine Reihe von Sünden, die objektiv viel schlimmer sind als homosexuelle Beziehungen.
  • Auch die subjektive Verantwortung wird viel vorsichtiger abzuwägen sein als dies früher der Fall war, unter anderem in Hinblick auf die heute deutlichere Unterscheidung zwischen unfreiwilliger Neigung und in Freiheit vollzogenem sittlich-bewussten Handeln.
  • … 
  • Strafrechtliche Exzesse früherer Zeiten und in anderen Kulturräumen sind für den heutigen Betrachter unverständlich. Wenn es so etwas wie eine „Entschuldigung“ für Unrecht gibt, das Vorgänger in (staatlichen und kirchlichen) Amtspositionen begangen haben, ist eine solche gewiss auch Homosexuellen gegenüber angebracht.
  • Mit einer moralischen Anerkennung der Homosexualität an sich hat dies allerdings nichts zu tun.

Für einen Beobachter von außen mag die Haltung der Kirche zu restriktiv und zu negativ erscheinen. Es kann hilfreich sein festzustellen, dass es nicht um Verbote an sich geht, sondern dass gerade auch die negativen Gebote des Sittengesetzes immer den Sinn haben, positive Werte zu schützen und zu fördern. Was hier auf dem Spiel steht, ist nichts anderes als die rechte Ordnung der menschlichen Sexualität als Ausdruck der Liebe von Mann und Frau und damit auch die gottgewollte Institution der Ehe als Grundlage von Familie, Gesellschaft und Kirche. Für die Verteidigung dieser unersetzbaren Werte wird es sich daher mit Sicherheit lohnen, auch manchen Widerspruch auf sich zu nehmen!

 

Schreiben der Kongregation für die Glaubenslehre an die Bischöfe der katholischen Kirche über die Seelsorge für homosexuelle Personen

Oktober 1986 Herausgeber: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Kaiserstraße 163, 5300 Bonn 1

l. Das Problem der Homosexualität und der moralischen Beurteilung homosexueller Handlungen ist in zunehmendem Maße zu einem Thema der öffentlichen Debatte geworden, auch in katholischen Kreisen. Daß in dieser Diskussion oft Argumente vorgebracht und Positionen bezogen werden, die der Lehre der katholischen Kirche nicht entsprechen, hat die berechtigte Sorge all derer wachgerufen, die in der Seelsorge tätig sind.

Diese Kongregation ist daher zu dem Urteil gekommen, dass das Gewicht und die Verbreitung des Problems es rechtfertigen, dieses Schreiben über die Seelsorge für homosexuelle Personen an alle Bischöfe der katholischen Kirche zu richten.

2. Eine erschöpfende Behandlung dieses komplexen Themas kann selbstverständlich an dieser Stelle nicht unternommen werden; vielmehr wird sich die Aufmerksamkeit eher auf den besonderen Zusammenhang der Sichtweise katholischer Moral konzentrieren. Diese hat durch die gesicherten Ergebnisse der Humanwissenschaften Bestätigung und Bereicherung erfahren, welche ihr eigenes Forschungsgebiet und ihre eigene Methode haben, die sich berechtigter Autonomie erfreuen.

Der Standpunkt der katholischen Moral fußt auf der menschlichen Vernunft, die durch den Glauben erleuchtet und von der bewussten Absicht geleitet ist, den Willen Gottes, unseres Vaters, zu erfüllen. Auf diese Weise befindet sich die Kirche zum einen in der Lage, von den wissenschaftlichen Forschungsergebnissen lernen zu können, zum anderen aber auch, deren Gesichtskreis zu übersteigen. Sie ist sich dessen sicher, dass ihre umfassendere Sicht die komplexe Wirklichkeit der menschlichen Person achtet, die in ihren geistigen wie körperlichen Dimensionen von Gott geschaffen und dank seiner Gnade zum ewigen Leben berufen ist.

Nur innerhalb dieses Zusammenhangs lässt sich klar erkennen, in welchem Sinn das Phänomen der Homosexualität, so vielschichtig und folgenreich es für Gesellschaft und kirchliches Leben auch ist, ein Problem darstellt, das die pastorale Sorge der Kirche im eigentlichen Sinne betrifft. Das macht seitens der Seelsorger ein sorgfältiges Studium sowie einen konkreten Einsatz und eine redliche Reflexion erforderlich, die theologisch wohl abgewogen sein sollten.

3. Schon in der ,,Erklärung zu einigen Fragen der Sexualethik“ vom 29. Dezember 1975 hat die Kongregation für die Glaubenslehre dieses Problem ausführlich behandelt. Dieses Dokument unterstrich die Aufgabe, ein Verstehen der homosexuellen Veranlagung zu suchen, und bemerkte, die Schuldhaftigkeit homosexueller Handlungen müsse mit Klugheit beurteilt werden. Gleichzeitig trug diese Kongregation der gemeinhin vorgenommenen Unterscheidung zwischen homosexueller Veranlagung bzw. Neigung und homosexuellen Handlungen selbst Rechnung. Letztere wurden als ,,ihrer wesentlichen und unerlässlichen Zielbestimmtheit beraubt“ beschrieben, als ,,in sich nicht in Ordnung“ und von der Art, dass sie ,,keinesfalls in irgendeiner Weise gutgeheißen werden können“ (vgl. Nr. 8, Abschnitt 4).

In der Diskussion, die auf die Veröffentlichung der Erklärung folgte, erfuhr die homosexuelle Veranlagung jedoch eine über die Maßen wohlwollende Auslegung; manch einer ging dabei so weit, sie als indifferent oder sogar als gut hinzustellen. Demgegenüber muss folgende Präzisierung vorgenommen werden: Die spezifische Neigung der homosexuellen Person ist zwar in sich nicht sündhaft, begründet aber eine mehr oder weniger starke Tendenz, die auf ein sittlich betrachtet schlechtes Verhalten ausgerichtet ist. Aus diesem Grunde muss die Neigung selbst als objektiv ungeordnet angesehen werden.

Deshalb muß man sich mit besonderem seelsorglichem Eifer der so veranlagten Menschen annehmen, damit sie nicht zu der Meinung verleitet werden, die Aktuierung einer solchen Neigung in homosexuellen Beziehungen sei eine moralisch annehmbare Entscheidung.

4. Eine wesentliche Dimension echter Seelsorge ist es, die Ursachen der Verwirrung bezüglich der Lehre der Kirche auszumachen. Eine dieser Ursachen besteht in einer neuen Auslegung der Heiligen Schrift, wonach die Bibel überhaupt nichts über die Homosexualität sage oder sie irgendwie stillschweigend billige; oder wonach sie schließlich moralische Weisungen biete, die so sehr Ausdruck einer bestimmten Kultur und Geschichte seien, dass diese auf das Leben von heute nicht mehr anwendbar seien. Solche Ansichten, die zutiefst irrig und abwegig sind, erfordern daher besondere Wachsamkeit.

5. Es stimmt, dass die biblische Literatur den verschiedenen Epochen, in denen sie geschrieben wurde, einen guten Teil ihrer unterschiedlichen Denk- und Ausdrucksmuster verdankt (vgl. Dei Verbum, Nr.12).  Sicherlich verkündigt die Kirche heute das Evangelium an eine Welt, die sich von der früheren sehr unterscheidet. Andererseits war die Welt, in der das Neue Testament geschrieben wurde, bereits beträchtlich von der Situation verschieden, in der beispielsweise die Heiligen Schriften der Israeliten abgefasst oder redigiert worden sind.

Folgendes ist dennoch festzuhalten: Im Rahmen solch bemerkenswerter Verschiedenheit existiert in den Schriften selbst eine klare innere Einheit hinsichtlich der Frage des homosexuellen Verhaltens. Deshalb gründet sich die Lehre der Kirche in diesem Punkt nicht auf aus dem Zusammenhang gerissene Sätze, aus denen man fragwürdige theologische Argumente ableiten kann; vielmehr fußt sie auf dem soliden Fundament eines beständigen biblischen Zeugnisses. Die heutige Glaubensgemeinschaft, die in ungebrochener Kontinuität mit den jüdischen und christlichen Gemeinschaften steht, innerhalb derer die alten Schriften verfasst wurden, wird weiter von den gleichen Schriften und vom Geist der Wahrheit genährt, dessen Wort sie sind. Es ist gleicherweise wesentlich anzuerkennen, dass die Heiligen Schriften nicht in ihrem eigentlichen Sinne verstanden werden, wenn sie in einer der lebendigen Tradition der Kirche widersprechenden Weise ausgelegt werden. Die Interpretation der Schrift muss, wenn sie korrekt sein will, mit dieser Tradition in wirklicher Übereinstimmung stehen.

Das II. Vatikanische Konzil hat es so ausgedrückt: ,,Es zeigt sich also, dass die Heilige Überlieferung, die Heilige Schrift und das Lehramt der Kirche gemäß dem weisen Ratschluss Gottes so miteinander verknüpft und einander zugesellt sind, dass keines ohne die anderen besteht und dass alle zusammen, jedes auf seine Art, durch das Tun des einen Heiligen Geistes wirksam dem Heil der Seelen dienen“ (Dei Verbum, Nr. 10). Im Licht dieser Aussagen wird nun die diesbezügliche Lehre der Bibel in kurzer Form dargestellt.

6. Die Schöpfungstheologie, wie sie im Buch Genesis vorliegt, bietet für das angemessene Verstehen der durch die Homosexualität aufgeworfenen Probleme den grundlegenden Gesichtspunkt. In seiner unendlichen Weisheit und in seiner allmächtigen Liebe ruft Gott alles ins Dasein, als Ausdruck seiner Güte. Er erschafft den Menschen als Mann und Frau nach seinem Abbild und Gleichnis. Deshalb sind die Menschen Gottes Geschöpfe und dazu berufen, in ihrer geschlechtlichen Bezogenheit aufeinander die innere Einheit des Schöpfers widerzuspiegeln. Sie tun dies in einzigartiger Weise in ihrer Mitwirkung mit ihm bei der Weitergabe des Lebens, und zwar im Akt des gegenseitigen Sich-Schenkens in der Ehe.

Das dritte Kapitel der Genesis zeigt, wie diese Wahrheit über die menschliche Person, die Gottes Abbild ist, durch die Erbsünde verdunkelt worden ist. Hieraus folgt unausweichlich ein Verlust an Bewusstsein des Bundescharakters der Gemeinschaft, die diese Personen mit Gott und untereinander besaßen. Der menschliche Leib behält zwar seine ,,bräutliche Bedeutung“, die aber nun durch die Sünde verdunkelt ist. So setzt sich die der Sünde zuzuschreibende Entartung fort in der Geschichte von den Männern von Sodom (vgl. Gen 19,1-11). Das moralische Urteil, das hier gegen homosexuelle Beziehungen gefällt wird, kann keinem Zweifel unterliegen. In Lev 18,22 und 20,13 schließt der Verfasser bei Beschreibung der notwendigen Voraussetzungen, um zum auserwählten Volk Israel zu gehören, diejenigen aus dem Volk Gottes aus, die sich homosexuell verhalten.

Auf dem Hintergrund dieses theokratischen Gesetzes entfaltet der heilige Paulus eine eschatologische Perspektive, innerhalb derer er die gleiche Lehre wieder aufnimmt und auch jene, die sich homosexuell verhalten, unter die Menschen einreiht, die das Reich Gottes nicht erben werden (vgl. 1 Kor 6,9). In einem anderen Abschnitt seiner Briefsammlung stellt er – fußend auf den Moralüberlieferungen der Vorfahren, die er aber in den neuen Zusammenhang der Auseinandersetzung zwischen Christentum und damaliger heidnischer Gesellschaft einbringt ­ das homosexuelle Verhalten als ein Beispiel für die Blindheit hin, welche die Menschheit übermächtigt hat. An die Stelle der ursprünglichen Harmonie zwischen dem Schöpfer und seinen Geschöpfen ist die tiefe Verkehrung in den Götzendienst hinein getreten, die zu allen möglichen Formen von Ausschweifungen auf moralischem Gebiet geführt hat. Der heilige Paulus findet das klarste Beispiel für diese Disharmonie gerade in den gleichgeschlechtlichen Beziehungen (vgl. Röm 1,18-32). In vollständiger Kontinuität mit dieser biblischen Überlieferungslinie werden schließlich beim Aufzählen derjenigen, welche gegen die gesunde Lehre verstoßen, ausdrücklich jene als Sünder bezeichnet, die homosexuelle Akte begehen (vgl. 1 Tim 1,10).

7. Die Kirche, die ihrem Herrn gehorsam ist, der sie gegründet und ihr das sakramentale Leben eingestiftet hat, feiert den göttlichen Plan der Liebe und der Leben schenkenden Vereinigung von Mann und Frau im Sakrament der Ehe. Einzig und allein in der Ehe kann der Gebrauch der Geschlechtskraft moralisch gut sein. Deshalb handelt eine Person, die sich homosexuell verhält, unmoralisch. Sich einen Partner gleichen Geschlechts für das sexuelle Tun auswählen, heißt die reiche Symbolik verungültigen, die Bedeutung, um nicht von den Zielen zu sprechen, des Plans des Schöpfers bezüglich der Geschlechtlichkeit des Menschen. Homosexuelles Tun führt ja nicht zu einer komplementären Vereinigung, die in der Lage wäre, das Leben weiterzugeben und widerspricht darum dem Ruf nach einem Leben solcher Selbsthingabe, von der das Evangelium sagt, dass darin das Wesen christlicher Liebe bestehe. Dies will nicht heißen, homosexuelle Personen seien nicht oft großzügig und würden sich nicht selbstlos verhalten; wenn sie sich jedoch auf homosexuelles Tun einlassen, bestärken sie in sich selbst eine ungeordnete sexuelle Neigung, die von Selbstgefälligkeit geprägt ist.

Wie es bei jeder moralischen Unordnung der Fall ist, so verhindert homosexuelles Tun die eigene Erfüllung und das eigene Glück, weil es der schöpferischen Weisheit Gottes entgegensteht. Wenn die Kirche irrige Meinungen bezüglich der Homosexualität zurückweist, verteidigt sie eher die ­ realistisch und authentisch verstandene ­ Freiheit und Würde des Menschen, als dass sie diese einengen würde.

8. Die Unterweisung der Kirche heute steht demgemäß in organischem Zusammenhang mit der Sichtweise der Heiligen Schrift und der beständigen Überlieferung. Obwohl die Welt von heute sich in vielerlei Hinsicht wirklich verändert hat, spürt die Christenheit die tiefen und dauerhaften Bande, die uns mit den Generationen verbinden, die uns vorangegangen sind, ,,bezeichnet mit dem Siegel des Glaubens“.

Nichtsdestoweniger übt heute eine wachsende Zahl von Menschen, auch innerhalb der Kirche, einen enormen Druck aus, damit sie die homosexuelle Veranlagung akzeptiere, als ob sie nicht ungeordnet wäre, und damit sie die homosexuellen Akte legitimiere. Diejenigen, die innerhalb der Kirche das Problem in dieser Richtung vorantreiben, unterhalten oft enge Beziehungen zu denen, die außerhalb der Kirche ähnlich handeln.

Die zuletzt genannten Gruppen sind von einer Auffassung geleitet, die jener Wahrheit über die menschliche Person zuwiderläuft, die uns im Geheimnis Christi vollends offenbart worden ist. Selbst wenn es ihnen nicht voll bewusst ist, bekunden sie eine materialistische Ideologie, welche die transzendente Natur der menschlichen Existenz leugnet, wie auch die übernatürliche Berufung jedes einzelnen.

Die kirchlichen Amtsträger müssen sicherstellen, dass homosexuelle Personen, die ihrer Sorge anvertraut sind, durch diese Meinungen nicht irregeleitet werden, welche der Lehre der Kirche zutiefst widersprechen. Die Gefahr ist jedoch groß, und es gibt viele, die bezüglich der kirchlichen Position Verwirrung zu stiften trachten, um dann die entstandene Verwirrung zu ihren eigenen Zwecken auszunutzen.

9. Auch innerhalb der Kirche hat sich eine Tendenz entwickelt, die, von Pressionsgruppen mit unterschiedlichen Namen und verschiedenem Umfang gebildet, den Eindruck zu erwecken sucht, als ob sie sämtliche homosexuelle Personen, die katholisch sind, vertreten würde. Tatsächlich sind jedoch ihre Anhänger zumeist auf jene Personen begrenzt, die entweder die Lehre der Kirche nicht kennen oder sie irgendwie zu untergraben suchen.

Man versucht, auch solche homosexuelle Personen unter dem Schild der Katholischen zu sammeln, die keinerlei Absicht haben, ihr homosexuelles Verhalten aufzugeben. Eine der dabei verwendeten Taktiken besteht darin, im Ton des Protestes zu erklären, daß jede Art von Kritik oder Vorbehalt gegenüber homosexuellen Personen, ihrem Verhalten und ihrem Lebensstil lediglich Formen ungerechter Diskriminierung seien.

Daher ist in einigen Ländern ein regelrechter Versuch einer Manipulation der Kirche in der Art im Gang, dass man die häufig gutgläubig gegebene Unterstützung ihrer Hirten für die Änderung staatlicher Regelungen und Gesetze zu gewinnen versucht. Die Absicht solcher Aktionen ist es, die Gesetzgebung der Konzeption jener Pressionsgruppen anzugleichen, nach deren Auffassung Homosexualität zumindest eine völlig harmlose, wenn nicht sogar eine ganz und gar gute Sache ist.

Obgleich die Praxis der Homosexualität Leben und Wohlfahrt einer großen Zahl von Menschen ernsthaft bedroht, lassen die Verteidiger dieser Tendenz von ihrem Tun nicht ab und weigern sich, das Ausmaß des eingeschlossenen Risikos in Betracht zu ziehen.

Die Kirche kann demgegenüber nicht ohne Sorge sein; deshalb hält sie an ihrer klaren Position diesbezüglich fest, die weder durch den Druck staatlicher Gesetzgebung noch durch den gegenwärtigen Trend geändert werden kann. Sie bemüht sich aufrichtig um die vielen Menschen, die sich von den Bewegungen zugunsten der Homosexualität nicht vertreten fühlen, und zugleich um diejenigen, die versucht sein könnten, an deren trügerische Propaganda zu glauben. Sie ist sich bewusst, dass die Ansicht, homosexuelles Tun sei dem geschlechtlichen Ausdruck ehelicher Liebe gleichwertig oder zumindest in gleicher Weise annehmbar, sich direkt auf die Auffassung auswirkt, welche die Gesellschaft von Natur und Rechten der Familie hat, und diese ernsthaft in Gefahr bringt.

10. Es ist nachdrücklich zu bedauern, dass homosexuelle Personen Objekt übler Nachrede und gewalttätiger Aktionen waren und weiterhin noch sind. Solche Verhaltensweisen verdienen, von den Hirten der Kirche verurteilt zu werden, wo immer sie geschehen. Sie bekunden einen Mangel an Achtung gegenüber anderen Menschen, der die elementaren Grundsätze verletzt, auf denen ein gesundes staatliches Zusammenleben fußt. Die jeder Person eigene Würde muss nämlich immer respektiert werden, und zwar in Wort und Tat und Gesetzgebung.

Dennoch sollte die gebotene Antwort auf die Ungerechtigkeiten an homosexuellen Personen in keiner Weise zu der Behauptung führen, die homosexuelle Veranlagung sei nicht ungeordnet. Wenn eine solche Behauptung aufgestellt und homosexuelles Tun folglich als gut akzeptiert wird oder wenn eine staatliche Gesetzgebung eingeführt wird, welche ein Verhalten schützt, für das niemand ein irgendwie geartetes Recht in Anspruch nehmen kann, dann sollten weder die Kirche noch die Gesellschaft als ganze überrascht sein, wenn andere verkehrte Vorstellungen und Praktiken an Boden gewinnen sowie irrationale und gewaltsame Verhaltensweisen zunehmen.

11. Einige vertreten die Ansicht, homosexuelle Neigung sei in bestimmten Fällen nicht das Ergebnis einer freien Entscheidung; die homosexuellen Personen hätten keine andere Wahl, sondern müssten sich homosexuell verhalten. Daher handle eine solche Person, selbst wenn sie sich auf homosexuelles Tun einlasse, wegen fehlender Freiheit nicht schuldhaft.

Hier ist es nötig, sich an die Weisheit der moralischen Überlieferung der Kirche zu halten, die vor Verallgemeinerungen im Urteil aller Einzelfälle warnt. In der Tat können in einem bestimmten Fall Umstände auftreten oder in der Vergangenheit aufgetreten sein, welche die Schuldhaftigkeit des einzelnen vermindern oder geradezu aufheben, während andere Umstände sie wiederum vermehren können. Was auf jeden Fall vermieden werden muss, ist die ebenso unbegründete wie demütigende Annahme, das geschlechtliche Verhalten homosexueller Partner sei immer und vollständig dem Zwang unterworfen und daher frei von Schuld. In Wirklichkeit muss auch bei den Personen mit homosexueller Neigung jene grundlegende Freiheit anerkannt werden, welche die menschliche Person als solche charakterisiert und ihr eine besondere Würde verleiht. Wie bei jeder Umkehr vom Bösen kann, dank dieser Freiheit, das von der göttlichen Gnade erleuchtete und gestärkte Mühen es jenen Personen gestatten, homosexuelles Tun zu lassen.

12. Was sollen demnach homosexuelle Personen tun, die dem Herrn folgen wollen? Grundsätzlich sind sie dazu aufgerufen, den Willen Gottes in ihrem Leben zu verwirklichen, indem sie alle Leiden und Schwierigkeiten, die sie aufgrund ihrer Lage zu tragen haben, mit dem Kreuzesopfer Christi vereinigen. Für den Glaubenden ist das Kreuz ein segenbringendes Opfer, weil aus jenem Tod Leben und Erlösung erstehen. Auch wenn jeder Aufruf, das Kreuz zu tragen oder das Leiden eines Christen in dieser Weise zu verstehen, voraussichtlich von einigen belächelt werden wird, sei daran erinnert, dass dies der Weg zur Erlösung für all jene ist, die Christus nachfolgen.

In Wirklichkeit ist dies nichts anderes als die Unterweisung, die der Apostel Paulus den Galatern vorlegt, wenn er sagt, dass der Geist im Leben der Gläubigen ,,Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung“ hervorbringt, und dann fortfährt: ,,Ihr könnt nicht zu Christus gehören, wenn ihr nicht das Fleisch mit seinen Leidenschaften und Begierden gekreuzigt habt“ (Gal 5,22.24).

Dieser Aufruf wird jedoch leicht missverstanden, wenn er als ein doch zweckloses Bemühen um Selbstverleugnung angesehen wird. Das Kreuz ist gewiss ein Ausdruck der Selbstverleugnung, die aber im Dienst des Willens Gottes steht, der aus dem Tod Leben erstehen lässt und der jene, die ihm vertrauen, befähigt, den Weg der Tugend anstatt den des Lasters zu gehen.

Man feiert das Paschamysterium wirklich nur dann, wenn man das Gewebe des täglichen Lebens von ihm durchdringen lässt. Wer sich weigert, seinen eigenen Willen in Gehorsam dem Willen Gottes zu unterwerfen, stellt in Wirklichkeit der Erlösung ein Hindernis in den Weg.

Wie das Kreuz zentraler Ausdruck der erlösenden Liebe Gottes zu uns in Jesus Christus ist, so begründet die sich selbst verleugnende Gleichförmigkeit homosexueller Männer und Frauen mit dem Opfer des Herrn für sie eine Quelle der Selbsthingabe, die sie vor einem Leben bewahrt, das sie fortwährend zu zerstören droht.

Homosexuelle Personen sind, wie die Christen insgesamt, dazu aufgerufen, ein keusches Leben zu führen. Wenn sie in ihrem Leben die Natur des persönlichen Rufes Gottes an sie zu verstehen suchen, werden sie das Sakrament der Buße mit größerer Treue feiern und die hier so freigebig angebotene Gnade des Herrn empfangen können, um sich vollkommener zu seiner Nachfolge bekehren zu können.

13. Andererseits ist offenkundig, dass eine klare und wirksame Verkündigung der kirchlichen Lehre an alle Gläubigen und an die Gesellschaft als ganze in weitem Maße von der korrekten Unterweisung und Gläubigkeit ihrer Seelsorger abhängt. Den Bischöfen kommt die besonders schwere Verantwortung zu, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Mitarbeiter, allen voran die Priester, in rechter Weise informiert und persönlich dazu ausgerüstet sind, die Lehre der Kirche einem jeden vollständig zu verkündigen. Der besondere Eifer und der gute Wille, den viele Priester und Ordensleute bei ihrer Seelsorge für homosexuelle Personen unter Beweis stellen, ist bewundernswert; diese Kongregation hofft, dass beides nicht erlahmt.

Solche eifrigen Seelsorger sollen darauf vertrauen, dass sie den göttlichen Willen treu befolgen, wenn sie homosexuelle Personen ermutigen, ein keusches Leben zu führen, und wenn sie diese an ihre unvergleichliche Würde erinnern, die Gott auch jenen Personen geschenkt hat.

14. Das Gesagte vor Augen, möchte diese Kongregation die Bischöfe bitten, allen Programmen gegenüber besonders wachsam zu sein, welche die Kirche zu bedrängen suchen, ihre Lehre zu ändern, auch wenn sie mit Worten vorgeben, dass dem nicht so sei. Ein sorgfältiges Studium ihrer öffentlichen Erklärungen sowie der Aktivitäten, die sie fördern, offenbart eine gezielte Zweideutigkeit, wodurch sie Hirten und Gläubige irrezuleiten suchen. Sie legen beispielsweise die Unterweisung des Lehramtes bisweilen so dar, als wolle es das je einzelne Gewissen bloß fakultativ bilden. Seine einzigartige Autorität wird jedoch nicht anerkannt. Einige Gruppen benutzen sogar das Wort ,,katholisch“ für ihre Organisationen oder für die Personen, an die sie sich wenden wollen; in Wirklichkeit aber verteidigen und fördern sie die Verkündigung des Lehramtes nicht, ja, sie greifen es mitunter sogar offen an.  Während ihre Anhänger den Anspruch erheben, ihr Leben mit der Lehre Jesu gleichförmig zu gestalten, geben sie in Wirklichkeit die Lehre seiner Kirche auf. Dieses widersprüchliche Verhalten sollte keinesfalls die Unterstützung der Oberhirten finden.

15. Diese Kongregation ermutigt daher die Bischöfe, für die homosexuellen Personen in ihren Bistümern eine Pastoral zu fördern, die in voller Übereinstimmung mit der Lehre der Kirche steht. Kein authentisches pastorales Programm darf Organisationen einschließen, in denen sich homosexuelle Personen zusammenschließen, ohne dass zweifelsfrei daran festgehalten wird, dass homosexuelles Tun unmoralisch ist. Eine wahrhaft pastorale Haltung wird die Notwendigkeit betonen, dass homosexuelle Personen die nächste Gelegenheit zur Sünde zu meiden haben.

Ermutigung sollen jene Programme finden, in denen die genannten Gefahren vermieden werden. Es muss jedoch Klarheit darüber bestehen, dass ein Abweichen von der Lehre der Kirche oder ein Schweigen über sie, das auf diesem Weg pastorale Fürsorge anbieten möchte, weder Ausdruck echter Sorge noch gültige Pastoral ist. Nur das Wahre  kann letzten Endes auch pastoral sein. Jeder aber, der die Position der Kirche missachtet, verhindert, dass homosexuelle Männer und Frauen jene Sorge erfahren, derer sie bedürfen und auf die sie ein Recht haben. Ein echtes pastorales Programm wird homosexuelle Personen auf allen Ebenen ihres geistlichen Lebens fördern: durch die Sakramente, insbesondere durch den häufigen und ehrfürchtigen Empfang des Bußsakramentes, durch das Gebet, durch das Zeugnis, durch Beratung und individuelle Mitsorge. Auf solche Weise kann die ganze christliche Gemeinschaft ihre eigene Berufung erkennen, indem sie nämlich diesen ihren Brüdern und Schwestern beisteht, ohne sie zu enttäuschen oder sie in die Isolation zu treiben.

16. Von diesem reich gefächerten Ansatz aus lassen sich zahlreiche Vorteile gewinnen, nicht zuletzt die Feststellung, dass eine homosexuelle Person, wie jedes menschliche Wesen, dringend notwendig auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig gefördert werden muss. Die menschliche Person, die nach dem Abbild und Gleichnis Gottes geschaffen ist, kann nicht adäquat beschrieben werden, wenn man sie auf ihre geschlechtliche Ausrichtung eingrenzt. Jeder Mensch auf dieser Erde hat persönliche Probleme und Schwierigkeiten, aber auch Möglichkeiten zu wachsen, Fähigkeiten, Talente und eigene Gaben. Die Kirche bietet den gerade heute empfundenen dringend nötigen Zusammenhang für die Sorge um die Person des Menschen an, wenn sie sich weigert, eine Person ausschließlich als ,,heterosexuell“ oder ,,homosexuell“ einzustufen, und darauf besteht, dass jeder Person dieselbe fundamentale Identität zukommt:

Geschöpf zu sein und durch die Gnade Kind Gottes, Erbe des ewigen Lebens.

17. Wenn diese Kongregation den Bischöfen diese Klarstellungen und pastoralen Orientierungen anbietet, möchte sie deren Bemühungen unterstützen, die darauf abzielen, dass die Lehre des Herrn und seiner Kirche über dieses wichtige Thema allen Gläubigen vollständig vermittelt wird.

Die Ortsbischöfe sind eingeladen, im Licht des hier Dargelegten die Notwendigkeit besonderer Eingriffe im Rahmen ihrer Kompetenz abzuwägen. Außerdem können sie, wenn sie es für nützlich halten, eine weiterreichende Aktion in Angriff nehmen, die auf der Ebene ihrer nationalen Bischofskonferenz koordiniert ist.

Insbesondere sollen die Bischöfe vordringlich die Entwicklung angemessener Seelsorgsformen für homosexuelle Personen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen. Dies kann die Mitarbeit der psychologischen, soziologischen und medizinischen Wissenschaften einschließen, wobei immer die volle Treue zur Lehre der Kirche festgehalten werden muss.

Vor allem sollen es die Oberhirten nicht daran fehlen lassen, die Mitarbeit aller katholischen Theologen heranzuziehen. Wenn diese das lehren, was die Kirche lehrt, und wenn sie mit ihren Überlegungen ein vertieftes Verständnis der wahren Bedeutung der menschlichen Geschlechtlichkeit, der christlichen Ehe gemäß dem Plane Gottes sowie der mit ihr verbundenen Tugendhaltungen fördern, werden sie eine brauchbare Hilfe auf diesem spezifischen Gebiet der Seelsorge anbieten können.

Eine besondere Aufmerksamkeit müssen die Bischöfe sodann auf die Auswahl derjenigen Seelsorger legen, die mit dieser heiklen Aufgabe betraut werden, damit diese aufgrund ihrer Treue zum Lehramt und durch ihren hohen Grad an geistlicher und psychologischer Reife den homosexuellen Personen eine wirkliche Hilfe zum Erreichen ihrer ganzheitlichen Erfüllung bieten können.

Solche Seelsorger werden theologische Meinungen zurückweisen, die der Lehre der Kirche widersprechen und die daher nicht als Leitlinien der Pastoral dienen können.

Weiterhin wird es angemessen sein, geeignete katechetische Programme zu fördern, die auf der Wahrheit über die menschliche Geschlechtlichkeit in ihrer Beziehung zum Familienleben fußen, so wie die Kirche sie lehrt. Solche Programme liefern in der Tat einen guten Kontext, innerhalb dessen auch die Frage der Homosexualität behandelt werden kann. Diese Katechese wird auch den Familien, in denen sich homosexuelle Personen befinden, eine Hilfe sein können, wenn sie sich mit diesem sie so tief bewegenden Problem auseinandersetzen.

Jedwede Unterstützung muss jenen Organisationen entzogen werden, welche die Lehre der Kirche zu untergraben suchen, sei es, dass sie diesbezüglich zweideutig sind oder sie gänzlich missachten. Eine solche Unterstützung, ja, bereits der Anschein, kann Quelle einer ernsten Missdeutung werden. Besondere Beachtung sollte der Planung religiöser Feiern und der Benutzung kirchlicher Gebäude, einschließlich der Bereitstellung katholischer Schulen und Kollegien für solche Gruppen geschenkt werden.

Für manche mag die Erlaubnis, von kirchlichem Eigentum Gebrauch zu machen, lediglich als ein Ausdruck von Gerechtigkeit und Liebe erscheinen; in Wirklichkeit aber steht sie in Widerspruch zu den Zielen, für die diese Einrichtungen gegründet worden sind. Sie kann zur Quelle von Missdeutung und Ärgernis werden. Bei eventuellen Vorschlägen für die zivile Gesetzgebung wird man sich in erster Linie darum bemühen müssen, das Familienleben zu schützen und zu fördern.

18. Jesus Christus hat gesagt: ,,Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen“ (Joh 8,32). Die Schrift fordert uns auf, die Wahrheit in Liebe zu tun (vgl. Eph 4,15). Gott, der Wahrheit und Liebe in einem ist, ruft die Kirche auf, jedem Mann, jeder Frau und jedem Kind mit dem pastoralen Eifer unseres barmherzigen Herrn zu dienen. In diesem Geist hat die Kongregation für die Glaubenslehre dieses Schreiben an euch, Bischöfe der Kirche, gerichtet, in der Hoffnung, dass es für diejenigen eine Hilfe sein möge, deren Leiden durch irrige Lehren verschlimmert, durch das Wort der Wahrheit aber gelindert werden können.

Papst Johannes Paul II. hat im Verlauf einer dem unterzeichneten Präfekten gewährten Audienz das vorliegende Schreiben, das in der Ordentlichen Versammlung dieser Kongregation beschlossen worden ist, gebilligt sowie dessen Veröffentlichung angeordnet.

Rom, am Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre,
den 1. Oktober 1986.

JOSEPH KARDINAL RATZINGER
Präfekt

+ ALBERTO BOVONE
Titularerzbischof von Cäsarea in Numidien
Sekretär

Schreiben der Kongregation für die Glaubenslehre an die Bischöfe der katholischen Kirche über die Seelsorge für homosexuelle Personen: www.vatican.va

 

Stellungnahmen zum Thema im Kontext des kirchlichen Missbrauchs

4.1 Bill Donohue:  Das Problem der Kirche heißt Homosexualität, nicht Pädophilie
(04 August 2010, kath.net  17:00)

Bill Donohue: Untersuchungen zeigen einen Zusammenhang zwischen Homosexualität und Pädophilie. Viele Opfer seien männliche postpubertäre Jugendliche, deren Missbrauch nicht unter die Definition von Pädophilie falle.

Washington D.C. (kath.net)
Die Kirche hat ein Homosexuellen-Problem, kein Pädophilie-Problem. Diese These vertritt Bill Donohue, Präsident der US-amerikanischen Catholic League for Religious and Civil Rights, in einem Gastkommentar in der “Washington Post”.



Die Beweise würden seine These unterstützen, schreibt Donohue, politische Rücksichtnahme verhindere aber die richtigen Schlussfolgerungen. In der Folge zitiert Donohue eine Reihe von Untersuchungen. Alfred Kinsey habe bereits 1948 festgestellt, dass 37 Prozent der männlichen Homosexuellen Sex mit Kindern und Jugendlichen unter 17 Jahren gehabt hätten. Aktuelle Untersuchungen, die in einschlägigen Fachmagazinen wie dem „Journal of Sex Research“, dem „Journal of Sex and Marital Therapy and Pediatrics“ veröffentlicht worden seien, zeigten eine Überrepräsentation von Homosexuellen unter jenen, die Kinder missbrauchen. 
Im selben Atemzug warnt Donohue vor schnellen Schlussfolgerungen. Korrelation und Ursache seien zu unterscheiden. Eine Korrelation zwischen Homosexualität und Kindesmissbrauch dürfe nicht dazu verleiten, in jedem Homosexuellen einen Kinderschänder zu sehen. Die meisten homosexuellen Priester würden keine Kinder mißbrauchen, doch gelte umgekehrt, dass die meisten Kinderschänder homosexuell seien. Dieser Zusammenhang dürfe nicht ignoriert werden.


Der Anwalt, der die Klage von Missbrauchsopfern gegen die Erzdiözese Boston vorangetrieben hatte, wird von Donohue mit folgenden Angaben zitiert: 90 Prozent der fast 400 Missbrauchsopfer waren männlich, drei Viertel von ihnen nach der Pubertät. Auch hier sei Homosexualität das Thema, nicht Pädophilie, folgert Donohue.

Das werde durch die John Jay Studie bestätigt, die Missbrauchsfälle in den Jahren 1950 bis 2002 untersucht hat, schreibt Donohue. Auch diese Studie komme zu dem Ergebnis, dass drei Viertel der Opfer postpubertäre männliche Jugendliche waren. Deren Missbrauch falle nicht unter die klinische Definition von Pädophilie.



Donohue sieht seine Ansicht auch durch die Erkenntnisse des Psychiaters Dr. Richard Fitzgibbons bestätigt, der seit vielen Jahren Priester behandelt, die Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht haben. Viele Psychologen und Psychiater hätten gezeigt, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem Zölibat und Pädophilie gebe. Was sie gefunden hätten, sei ein Zusammenhang zwischen Homosexualität und Pädophilie, zitiert Donohue den Psychiater. Jeder Priester, den Fitzgibbons wegen sexueller Kontakte mit Kindern behandelt habe, habe vorher homosexuelle Verhältnisse mit Erwachsenen gehabt, sagt Fitzgibbons. Kath.net hat über die Ergebnisse von Dr. Fitzgibbons berichtet.



Er sei dagegen, Homosexuelle vollständig von der Priesterweihe auszuschließen, schreibt Donohue. Es sei aber falsch, Männer, die das Priestertum anstreben, nicht genauer hinsichtlich homosexueller Aktivitäten unter die Lupe zu nehmen. Er selbst werde nicht aufhören, auf den Zusammenhang von Homosexualität und dem Missbrauch Minderjähriger hinzuweisen, schreibt Donohue abschließend.

4.2    Dr. R. Fitzgibbons  –  Psychiater bestätigt Zusammenhang von Homosexualität und Missbrauch
(19 April 2010, kath.net, 11:00)

Jeder in Kindesmissbrauch verwickelte Priester, den er behandelt habe, habe vorher homosexuelle Beziehungen gehabt, sagt Dr. Richard Fitzgibbons, Berater der Kleruskongregation. Ursache seien emotionale Verletzungen in Kindheit und Jugend.

West Conshohocken (kath.net/CNA/EWTN News)
. Die Aussagen von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone über einen Zusammenhang zwischen Homosexualität und Pädophilie haben viel Widerspruch hervorgerufen. Kath.net hat berichtet. Dr. Richard Fitzgibbons ist Psychiater mit Erfahrung in der Behandlung von Priestern, die Kinder sexuell missbraucht haben. Er gibt Kardinal Bertone recht: „Kardinal Bertones Aussagen werden durch die Ergebnisse der John Jay Studie und klinische Erfahrungswerte belegt. Jeder Priester, den ich wegen sexueller Kontakte mit Kindern behandelt habe, hatte vorher homosexuelle Beziehungen mit Erwachsenen.“

Fitzgibbons ist seit 1988 Direktor des „Comprehensive Counseling Center“ in West Conshohocken (USA) und Berater der vatikanischen Kleruskongregation. In seinem „Brief an die katholische Bischöfe“ aus dem Jahr 2002 hat er Priester, die eine Neigung zu sexuellem Missbrauch haben, charakterisiert: Es handle sich dabei um Personen, die in ihrer Kindheit durch Einsamkeit, Probleme im Verhältnis zum Vater, Ablehnung durch Gleichaltrige, fehlendes männliches Selbstvertrauen und ein negatives Selbstbild oder Körperbild schwere emotionale Verletzungen erlitten hätten. Die Folge aus diesen Erlebnissen seien Trauer und Zorn, die von Priestern oft gegen die Kirche, ihre Morallehre oder das Lehramt gerichtet würden, sagt der Psychiater.

Priester, die sexuelle Kontakte mit Minderjährigen haben, würde die Realität der Sünde in ihrem Leben verleugnen, führte Fitzgibbons aus. Sie weigerten sich, ihre Gewissen zu erforschen, die Lehre der Kirche als Grundlage für ihr persönliches Handeln zu akzeptieren und das Bußsakrament zu empfangen, schreibt der Psychiater.

Auf die Frage nach neuen Erkenntnissen seit der Veröffentlichung des Briefes an die Bischöfe verwies Fitzgibbons auf den Narzißmus, der in westlichen Gesellschaften mittlerweile epidemische Ausmaße angenommen habe. Er disponiere Menschen zu exzessiver Aggressivität, Verherrlichung des eigenen Selbst, Rebellion gegen Gott und seine Kirche, insbesondere hinsichtlich der Sexualmoral.

Priestern mit homosexuellen Neigungen empfiehlt der Psychiater, sich über die emotionalen Ursprünge und Heilungsmöglichkeiten zu informieren. „Wir haben viele Priester gesehen, die heiliger und glücklicher in ihrem Dienst geworden sind, weil ihre aus der Kindheit und Jugend stammende Unsicherheit bezüglich ihrer Männlichkeit, ihre Einsamkeit und ihre Wut geheilt wurden und damit ihre gleichgeschlechtlichen Neigungen“, sagte Fitzgibbons.

Aufgrund des von Kardinal Bertone angesprochenen Zusammenhanges zwischen Homosexualität und sexuellem Kindesmissbrauch hätten Priester mit homosexuellen Neigungen die ernste Verpflichtung, Hilfe in Anspruch zu nehmen und die Kirche von weiterer Sorge und Scham zu bewahren, sagte Fitzgibbons.

 

Stimmen von Bischöfen
Bischof Fürst lehnt Segnungsfeiern Homosexueller und die „Homo-Ehe“ ab

Rottenburger Bischof: „Ich weiß mich mit dieser meiner Positionierung in kollegialer Verbundenheit mit meinen Mitbrüdern in der Deutschen Bischofskonferenz.“

 

Rottenburg (kath.net/drs) Gebhard Fürst, der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, positioniert sich auf der Sitzung des Diözesanrats am 19. Juni 2015 in Ergenzingen grundsätzliche Einschätzungen zu den derzeit in Gesellschaft und Kirche vieldiskutierten Fragen rund um „Homo-Ehe“ und Adoptionsrecht für homosexuelle Paare.



kath.net dokumentiert die Stellungnahme im Wortlaut (Ausschnitt):



Liebe Diözesanratsmitglieder!



Ich möchte mich aus gegebenen Anlässen zu einem Thema äußern, das die Herzen, den Verstand und die Gemüter vieler Menschen in den letzten Wochen besonders umtreibt und beschäftigt.

Sie haben lesen und hören können, dass ich der Erwartung einer kirchlichen Segensfeier für ein in eingetragener Partnerschaft lebendes homosexuelle Paar nicht entsprochen habe. Meiner Entscheidung ist ein Briefwechsel auch mit einem der Beteiligten, mit Herrn Kaufmann, vorausgegangen. In einem Brief an ihn habe ich ihm mitgeteilt, warum ich seiner Erwartung einer kirchlichen Segensfeier für ihn und seinen Partner nicht zustimmen kann.



Ich habe ihm geschrieben, dass eine kirchliche Segensfeier gleichgeschlechtlicher Paare nicht möglich ist und habe dies auch begründet. „Segensfeiern sind nie nur rein private Handlungen, sie sind immer auch ein Tun der Kirche, die dem christlichen Bild vom Menschen verpflichtet ist. Segnungsgottesdienste im Zusammenhang mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften können deshalb nicht gefeiert werden. Auch deshalb, weil solche Feiern einen ‚quasi-sakramentalen’ Eindruck erwecken können.“ (vgl. Deutsche Bischofskonferenz, Protokoll vom 25./26.11. 2002 Nr. 7). Das schließt nicht aus, sondern ein, dass seelsorgerliche Begleitung selbstverständlich immer und in allen Fällen möglich ist und jede Diskriminierung der betroffenen Menschen vermieden werden muss.



Sie wissen, dass ich dafür in der medialen Öffentlichkeit heftig angegriffen und gescholten worden bin. Ich habe im Voraus damit gerechnet, meine Entscheidung im Wissen darum ausgesprochen und werde im Nachhinein wegen der heftigen Angriffe meine Position als Bischof nicht ändern. Ich weiß mich mit dieser meiner Positionierung in kollegialer Verbundenheit mit meinen Mitbrüdern in der Deutschen Bischofskonferenz.



Das Argument der Verwechselbarkeit einer kirchlichen Segensfeier mit einer Trauung bzw. kirchlicher Heirat oder Hochzeit hat sich im Nachhinein als richtig bestätigt. Viele Medien haben von einer kirchlichen Trauung in der evangelischen Schlosskirche in Stuttgart gesprochen. Der optisch-visuelle Eindruck der Feier, das Foto des Ringtausches und manches andere mehr, haben diese Wahrnehmung erzeugt.



Durch das Referendum in Irland zugunsten der „Homo-Ehe“ hat die Diskussion um gleichgeschlechtliche Partnerschaften eine neue Dimension bekommen.



Die Bewegung „Ehe für alle“ und einige Landesregierungen streben die völlige Gleichstellung von eingetragenen Partnerschaften mit der von der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland unter besonderen Schutz gestellten „Ehe und Familie“ an.



Ich toleriere, dass es in einer pluralistischen und säkularen Gesellschaft die Lebensform einer durch den Staat garantierten eingetragenen Partnerschaft geben kann und dass diese Schutz genießen und Rechte haben muss. Selbstverständlich können nicht alle Bürgerinnen und Bürger einer freiheitlichen demokratischen Gesellschaft auf das christliche Bild vom Menschen verpflichtet werden, das eine eindeutige, klare Vorstellung von Ehe und Familie als Gemeinschaft von Mann und Frau mit der Offenheit für Kinder hat. Allerdings muss ich trotzdem fragen, ob der Staat nicht auch und besonders die Aufgabe hat, das kulturelle Erbe der christlich-abendländischen Tradition besonders zu schützen, aus der er ja selbst hervorgegangen ist und in der auch eine Gesellschaft letztlich ihre Wurzeln hat, die durch Menschenwürde und Menschenrechte geprägt ist. Zu diesem Erbe gehört an ganz herausragender Stelle Ehe und Familie als Keimzelle der Gesellschaft und Garant von Zukunft von Gesellschaften.



Eine völlige Gleichstellung der „eingetragenen Partnerschaften von Mann-Mann und Frau-Frau“ mit „Ehe und Familie“ lehne ich dagegen ab. Ungleiches ist nicht einfach völlig gleich zu behandeln. Ich kenne keine Gemeinschaften oder Gesellschaften von Menschen in der bisherigen Geschichte, die je für eine Mann/Mann oder Frau/Frau Beziehung ein Institut angeboten hätten, schon gar nicht mit der Bezeichnung Ehe.

.

.. / …

 

Kölner Weihbischof:    Trauung Homosexueller erschwert Ökumene

Dominikus Schwaderlapp sieht Entscheidung der Evangelischen Kirche im Rheinland mit Trauer: „Es ist zumindest kein Schritt zueinander, sondern etwas, das einen Graben eher etwas vertieft.“

Köln (kath.net), 30.1.2016: Der Weihbischof des Erzbistums Köln, Dominikus Schwaderlapp (Foto), hat den Beschluss der Evangelischen Kirche im Rheinland bedauert, künftig homosexuelle Partnerschaften zu trauen. Er erschwere die Ökumene. Schwaderlapp sagte der Rheinischen Post: „Ich sehe diese Entscheidung schon mit einer gewissen Trauer. Es ist zumindest kein Schritt zueinander, sondern etwas, das einen Graben eher etwas vertieft.“ Der Beschluss erschwere den ökumenischen Prozess insgesamt. Dies gelte gerade auch mit Blick auf die orthodoxen Kirchen.

 

Kardinal Wuerl, USA:  Die Menschen haben ein Recht auf die katholische Lehre
(Keine Homo-Ehe bei Kirchenmitarbeitern)

Wer in persönlichen Verhältnissen lebe, welche der Lehre der Kirche widersprechen, sei nicht geeignet, diese Lehre zu vermitteln. Dies schreibt der Erzbischof von Washington zur Kündigung eines Kantors, der in einer ‚Homo-Ehe‘ lebt.

Washington D.C. (kath.net/jg, 18.1.2016)
       „Wenn jemand darauf besteht dass er recht hat und die Kirche nicht, ist es angesichts solcher unüberbrückbaren Differenzen keine Diskriminierung oder Strafe, wenn man (seitens der Kirche, Anm.) einen weiteren seelsorglichen Dienst nicht erlaubt.“ Mit diesen Worten begründet Donald Kardinal Wuerl, der Erzbischof von Washington, D.C., die Kündigung eines Kantors, der eine „Homo-Ehe“ eingegangen ist.



Im November 2015 beendete die Pfarre das Dienstverhältnis mit dem Kantor, nachdem bekannt geworden war, dass dieser einen Mann „geheiratet“ hat. Der Kantor berief gegen die Entscheidung der Pfarre. Die Medien berichteten ebenfalls über den Vorfall. Nun hat Kardinal Wuerl in seinem Blog zu den Vorfällen Stellung genommen und die Entscheidung der Pfarre verteidigt.

Die Aufgabe der Pfarren, Schulen, Seelsorgeeinrichtungen und anderer katholischer Einrichtungen sei es, die Menschen zu Jesus zu führen. Die säkulare Kultur der Gegenwart stelle diese Mission vor erhebliche Herausforderungen, wozu auch die Einrichtung der „Homo-Ehe“ gehöre, schreibt Wuerl.



Wer die Kirche in ihrer Aufgabe unterstütze, repräsentiere die Kirche in der Öffentlichkeit und übernehme damit die Verpflichtung, die katholische Identität zu respektieren und jedes Verhalten zu vermeiden, das der Mission der Kirche widerspreche, schreibt Wuerl. Jeder der mit katholischen Seelsorgeeinrichtungen in Kontakt komme habe ein Recht, die authentische katholische Lehre vermittelt zu bekommen. Dies sei aber nicht möglich, wenn ein Mitarbeiter der Seelsorge mit dieser Lehre nicht übereinstimme, weil er sie explizit ablehne oder in seinen persönlichen Verhältnissen dauerhaft davon abweiche, schreibt der Kardinal.

 

Hinweis:

Wenn Sie diesen Text ausdrucken möchten, empfehlen wir Ihnen eine pdf Version. Den Link Dossier – Warum die Kirche keine Homopaare segnet.pdf anzuklicken und die betreffende PDF-Version herunter zu laden bzw. auszudrucken

Seid Salz -nicht Zucker- der Erde (!) Stellungnahme der Laieninitiative „Una Sancta Catholica“ zum aktuellen Projekt „Homosexuellenseelsorge“ der „Stadtkirche Frankfurt“

ZWISCHENRUF:
Wie weit darf die ‚Seelsorge für homosexuell empfindende Menschen‘ gehen?

 

[1] Karl Hörmann,
Lexikon der christlichen Moral

[2] Quelle: Katechismus der Katholischen Kirche (= KKK), 1992/93, franz. Paris 1992, dt. München u.a. 1993; Neu-übersetzung aufgrund der Editio typica Latina, München u.a. 2003; lat.: Catechismus Catholicae Ecclesiae, Città del Vaticano 1997

[3] Moralhistorische Anmerkungen zum christlichen Standpunkt, Dr. theol. Josef Spindelböck, Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Pölten, erschien in: Josef Spindelböck, Verantwortete Freiheit. Beiträge zur theolo-gischen Ethik, Kleinhain 2004, 241-265

[4] W. Korff, Homosexualität, III. Theologisch-ethisch, in: LThK3, Bd 5, 255-259

[5] A. Holderegger, Homosexualität. 3. Ethisch, in: W. Korff u.a. (Hg.), Lexikon Bioethik, Gütersloh 1998, Bd 2, 229

[6] Clemens von Alexandrien, Der Erzieher. Buch II-III, dt. in: Bibliothek der Kirchenväter, Zweite Reihe, Bd VIII, München 1934, 87,3

[7] Johannes Chrysostomos, Kommentar zum Römerbrief, Homilie V 3.

[8] Augustinus, De civitate Dei, lib. VI, c.8.

[9] Vgl. Thomas von Aquin, S.Th. II-II q.154 a.11.

[10] Hergemöller, Einführung, 73.

[11] Korff, Homosexualität, 257; das Folgende: 258

[12] U. Rauchfleisch, Homosexualität. I. Anthropologisch. II. Soziologisch, in: LThK3, Bd 5, 254 f, (das nächste Zitat nach R.: 255)

[13] Vgl. z.B. Fraling, Sexualethik, 242

[14] Bier, Homosexualität, 259

[15] Weber, Moraltheologie, 346.

[16] Gründel, Homosexualität, 4.